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Duisburg, 27.03.2022

Raus aus der Blase

(© Bettina Engel-Albustin | fotoagentur ruhr moers)

Ei­gen­tü­mer*in­nen­ver­samm­lung dis­ku­tiert weit­rei­chen­de und sub­stan­ti­el­le Be­tei­li­gung von Moer­se­r­in­nen und Moer­sern in der Stadt­ent­wick­lung

Die co­ro­na­be­dingt be­grenz­ten Plät­ze im W, dem vom Schloss­the­a­ter Moers in­iti­ier­ten Zen­trum für ur­ba­nes Zu­sam­men­le­ben im Wall­zen­trum, sind gut be­setzt. Mehr als 30 Ein­woh­ner*in­nen sind der Ein­la­dung des W und des La­bo­ra­to­ri­ums, eine Bil­dungs­ein­rich­tung von vier Evan­ge­li­schen Kir­chen­krei­sen am Nie­der­rhein, ge­folgt.

Alle Teil­neh­mer*in­nen er­hal­ten beim Ein­tritt ihre Ei­gen­tü­mer*in­nen­ur­kun­de, ge­treu dem Motto der Ver­an­stal­tung: „Ei­gen­tü­mer*in­nen sind alle (!), nicht nur die wahl­be­rech­tig­ten Bür­ger*in­nen, son­dern die ge­sam­te Stadt­ge­sell­schaft in ihrer Viel­falt und nicht nur die Be­sit­zer*in­nen von Grund, Boden und Im­mo­bi­li­en“.

Ver­ant­wor­tung über­neh­men

Per Wal­ter, alias Schau­spie­ler Pa­trick Dol­las, be­grüßt als Ver­wal­ter alle Ei­gen­tü­mer*in­nen der Stadt Moers mit dem Hin­weis „Sie haben sich ent­schie­den, Ver­ant­wor­tung zu über­neh­men! Mit dem Er­halt ihrer Ei­gen­tü­mer*in­nen­ur­kun­de tra­gen sie nun diese ganz sicht­bar in ihren Hän­den und mer­ken, dass sie gar nicht so schwer wiegt.“

Darum geht es: Wie kön­nen Moer­se­r­in­nen und Moer­ser Ver­ant­wor­tung für ihre Stadt über­neh­men, wie las­sen sich neue, in­no­va­ti­ve For­ma­te einer glaub­wür­di­gen und sub­stan­ti­el­len Bür­ger*in­nen­be­tei­li­gung ent­wi­ckeln. Dazu lädt der Ver­wal­ter die Teil­neh­mer*in­nen zum Träu­men ein und macht dar­auf auf­merk­sam, dass in naher Zu­kunft mit der ge­plan­ten In­nen­stadt­sa­nie­rung und den Ka­na­ler­neu­e­rungs­a­r­bei­ten der ENNI die ganze Stadt auf links ge­krem­pelt wird und völ­lig neue Ge­stal­tungs­mög­lich­kei­ten für die In­nen­stadt be­ste­hen.

In der Stadt zählt jeder, der in der Stadt lebt

Die ge­mein­sam vom W und dem La­bo­ra­to­ri­um im letz­ten Jahr durch­ge­führ­te Ver­an­stal­tungs­rei­he „Stadt ma­chen!“ hat be­reits viele An­re­gun­gen für neue For­men der Bür­ger*in­nen­be­tei­li­gung vor­ge­stellt. In der Ei­gen­tü­mer*in­nen­ver­samm­lung sind die Re­fe­rent*in­nen die­ser Reihe noch ein­mal mit einem Vi­de­o­state­ment ver­tre­ten. So be­tont Ar­chi­tek­tin, Stadt­pla­ne­rin und Pro­fes­so­rin für Städ­te­bau Gabu Heindl aus Wien: „In der Stadt zählt jeder, der in der Stadt lebt“. Und dazu ge­hö­ren nicht nur die, die schon da sind, son­dern auch die, die noch kom­men, ent­we­der als Neu­ge­bo­re­ne oder Zu­ge­wan­der­te. Für alle braucht es einen Mög­lich­keits­raum, ge­mein­sam Stadt zu ge­stal­ten.

Stadt­pla­ner und Stadt­for­scher Klaus Selle weist nach­drü­ck­lich dar­auf hin: Öf­fent­lich­keits­be­tei­li­gung ist kein „Wünsch Dir was“. Es geht nicht um Ein­zel­in­ter­es­sen. Man muss sich mit­ein­an­der ver­stän­di­gen wol­len. Not­wen­dig ist eine Hal­tung zu­ein­an­der, kon­struk­tiv ge­mein­sam etwas zur Stadt bei­zu­tra­gen.

Linus Stroth­mann, im letz­ten Jahr noch Re­fe­rent für Ein­woh­ner­be­tei­li­gung in Wer­der an der Havel, er­mu­tigt die Teil­neh­mer*in­nen auch in Moers das In­stru­ment von los­ba­sier­ten Bür­ger­rä­ten zu er­pro­ben. Dazu ge­hört immer auch ein auf­su­chen­des Ver­fah­ren, das heißt, für die­je­ni­gen, die per Los zur Be­tei­li­gung am Bür­ger­rat ein­ge­la­den wer­den, auch fak­tisch eine Teil­nah­me zu er­mög­li­chen.

Neben wei­te­ren Re­fe­rent*in­nen, die per Video dabei sind, stellt San­dra Punge, Leh­re­rin an der Anne#Frank-Ge­samt­s­chu­le Rhein­kamp, per­sön­lich das De­mo­kra­tie-Pro­jekt „Mir reichts! Ich grün­de eine Par­tei!“ vor, das in der „Stadt ma­chen!“ Reihe in Ko­ope­ra­ti­on mit dem Schloss­the­a­ter und ju­gend­li­chen Er­wach­se­nen durch­ge­führt wurde. Sie plä­diert dafür, vor allem die junge Ge­ne­ra­ti­on an den Stadt­ent­wick­lungs­pro­zes­sen zu be­tei­li­gen und so auch einen Bei­trag für eine le­ben­di­ge De­mo­kra­tie zu leis­ten.

Auf­tritt einer ex­tra­va­gan­ten Per­son mit be­ein­dru­cken­der Turm­fri­sur, die sich als „Die Moers“ (alias Schau­spie­ler Pa­trick Dol­las) vor­stellt. „Naja, ich bin ja eine alte Dame, und so viel de­mo­kra­ti­scher, nicht nur de­mo­gra­phi­scher, Auf­schwung tut mir gut und wirkt be­le­bend! Viel­leicht kön­nen die Städ­te klei­ne de­mo­kra­ti­sche Ret­tungs­in­seln sein! Ich bin ein biss­chen in die Jahre ge­kom­men. Aber ich bin doch immer noch at­trak­tiv, oder? Und nicht be­reit ein­fach nur der Al­ters­wohn­sitz des Ruhr­ge­biets zu wer­den! Das würde mir ge­wal­tig stin­ken – und nicht nur wegen der Ka­na­li­sa­ti­on!“

Moers ver­fügt über zahl­rei­che Kon­zep­te

Die Moers ver­weist auf die vie­len Kon­zep­te ins­be­son­de­re für die In­nen­stadt­ent­wick­lung, die in den letz­ten Jah­ren ge­schrie­ben und häu­fig nicht kon­se­quent um­ge­setzt oder in ewig lan­gen Be­ra­tungs- und Pla­nungs­pro­zes­sen immer wie­der auf die lange Bank ge­scho­ben wur­den. „Aber wo ist das De­mo­kra­tie­kon­zept?“ Die Moers fin­det zur wei­te­ren Klä­rung ihren Mann, den tech­ni­schen Bei­ge­ord­ne­ten der Stadt Moers, Thors­ten Kamp, unter an­de­rem zu­stän­dig für Stadt­pla­nung und –ent­wick­lung. Im In­ter­view mit ihm wird deut­lich: „Wir müs­sen aus un­se­rer Blase raus!“.

In der Regel neh­men an den for­ma­len Öf­fent­lich­keits­be­tei­li­gun­gen immer die glei­chen Moer­se­r­in­nen und Moer­ser teil – „wir ken­nen uns hier doch alle“ – oder die­je­ni­gen, die je­weils ein be­stimm­tes Ein­zel­in­ter­es­se durch­set­zen wol­len. Im Hin­blick auf die In­nen­stadt wird es darum gehen müs­sen, öf­fent­li­che Räume zu schaf­fen, die die Stadt­ge­sell­schaft sich an­eig­nen kann, „ohne dass ich mir jedes Mal einen Latte mac­ch­i­a­to be­stel­len muss“.

Es geht um eine zu­kunfts­of­fe­ne Pla­nung, um Stadt­ent­wick­lung mit mensch­li­chem Maß­stab, die sich nicht nur am Kon­sum ori­en­tiert. Ein sol­cher Stadt­ent­wick­lungs­pro­zess ist auch mit Kon­flik­ten ver­bun­den, weil es na­tür­lich un­ter­schied­li­che Nut­zerin­ter­es­sen gibt. Die Ka­nal­sa­nie­rung ist nun eine gute Ge­le­gen­heit einen sol­chen Be­tei­li­gungs­pro­zess auf den Weg zu brin­gen. Al­ler­dings: Nicht immer neue Kon­zep­te schrei­ben, wir müs­sen jetzt auch in die Um­set­zung kom­men.

Gleich­zei­tig geht es um sehr kom­ple­xe Vor­ha­ben, wie sich zum Bei­spiel immer wie­der bei Baum­pflan­zun­gen in der In­nen­stadt zeigt, wo viele tech­ni­sche De­tails zu be­ach­ten sind. In der Pause re­zi­tiert der Bür­ger­chor des Schloss­the­a­ters Aus­zü­ge aus dem Grund­ge­setz – letzt­lich auch die Grund­la­ge für Stadt­ent­wick­lungs­pro­zes­se: „Die Würde des Men­schen ist un­an­tast­bar. Jeder hat das Recht, seine Mei­nung in Wort, Schrift und Bild frei zu äu­ßern und zu ver­brei­ten und sich aus all­ge­mein zu­gäng­li­chen Quel­len un­ge­hin­dert zu un­ter­rich­ten. Ei­gen­tum ver­pflich­tet. Sein Ge­brauch soll zu­gleich dem Wohle der All­ge­mein­heit die­nen.“

Speed Da­ting sorgt für leb­haf­ten Aus­tausch

Beim an­schlie­ßen­den Speed Da­ting aller Be­tei­lig­ten wer­den leb­haft erste Ideen und Vor­stel­lun­gen aus­ge­tauscht: Ein­rich­tung eines Ju­gend­pa­r­la­ments oder eines Bei­ra­tes für junge Men­schen, ein „Street­wor­ker­für Ver­än­de­rungs­pro­zes­se“, ein au­to­frei­er Neu­markt wie über­haupt Vor­rang für Fuß­gän­ger*in­nen und Fahr­rad­fah­rer*in­nen. Da­ne­ben wird mehr­fach dar­auf ver­wie­sen, dass es not­wen­dig ist, die bis­her lei­sen und nicht ge­hör­ten Stim­men mit in die Pla­nungs- und Ent­schei­dungs­pro­zes­se ein­zu­be­zie­hen. Damit das ge­lingt, sind pro­fes­si­o­nel­le und mo­de­rier­te Be­tei­li­gungs­pro­zes­se zu ge­stal­ten. In die­sem Zu­sam­men­hang be­dau­ert die Ei­gen­tü­mer*in­nen­ver­samm­lung, dass das W im Juni schlie­ßen muss, weil die Pro­jekt­för­de­rung aus­läuft. Einen sol­chen Ort als Forum für Be­tei­li­gungs­pro­zes­se bräuch­te es ei­gent­lich drin­gend!

Die Ei­gen­tü­mer*in­nen­ver­samm­lung mar­kier­te zwar den Schluss­punkt der Ver­an­stal­tungs­rei­he „Stadt ma­chen!“, gleich­zei­tig wurde ein neuer Auf­takt ver­ab­re­det: Mit der In­itia­ti­ve „STADT MA­CHEN!“ sol­len die ent­stan­de­nen Im­pul­se wei­ter ent­wi­ckelt und Vor­schlä­ge er­a­r­bei­tet wer­den, wie die Stadt­ge­sell­schaft in die an­ste­hen­den Ent­wick­lungs- und Pla­nungs­pro­zes­se für die Moer­ser In­nen­stadt sub­stan­zi­ell mit ei­ge­nen Vor­schlä­gen ein­brin­gen kann.

Das La­bo­ra­to­ri­um lädt ein:

Kom­mu­na­le Bür­ger­rä­te – ein Bei­spiel für Moers?

Re­fe­ren­ten: Thors­ten Sterk, Mehr De­mo­kra­tie e.V. und Ar­beits­grup­pe Bür­ger­rat des Fo­rums für De­mo­kra­tie, Re­spekt und Viel­falt in Hal­tern

Ter­min: Mitt­woch, 11. Mai 2022, 18.30 bis 20.00 Uhr

Ort: SCI:Volks­schu­le, Be­ra­tungs- und Be­geg­nungs­haus, Hanns-Al­beck-Platz 2,

47441 Moers

Start­ter­min In­itia­ti­ve „STADT MA­CHEN!“

Ter­min: Diens­tag, 24. Mai 2022, 18.30 bis 20.00 Uhr

Ort: Das W - Zen­trum für ur­ba­nes Zu­sam­men­le­ben, Neuer Wall 2, 47441 Moers

In­for­ma­ti­o­nen und An­mel­dun­gen:

Die­ter Zi­se­nis, La­bo­ra­to­ri­um c/o Evan­ge­li­scher Kir­chen­kreis Duis­burg, Mail:

die­ter.zi­se­nis@e­kir.de, Mobil: 0179 758 7289.

Zum Schluss wird an­ge­sto­ßen mit einem Par­ty­li­kör der Moer­ser Marke „Dra­no Moers – Un­ten­rum rein“. Also los, raus aus der Blase, rein ins Ver­gnü­gen der Be­tei­li­gung mit Vie­len!

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