Umwälzungen im europäischen Kulturraum seit 1776
Ein Forum für Zukunftsfragen
Veranstaltergemeinschaft
Gegen Vergessen - Für Demokratie e.V. – Regionale Arbeitsgruppen Rhein-Ruhr West und Mittleres Ruhrgebiet / Volkshochschule Duisburg / Deutsch-Französische Gesellschaft Duisburg e.V. / Deutsch-Britische Gesellschaft Duisburg e.V. / Laboratorium - Ev. Zentrum für Arbeit, Bildung und betriebliche Seelsorge/ Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB) Stadtverband Duisburg / Jugendring Duisburg / Evangelischer Kirchenkreis Duisburg/Jüdische Gemeinde Duisburg – Mülheim/Ruhr – Oberhausen K.d.ö.R.
Grundsätzliches zur Anmeldung: Alle angekündigten Veranstaltungen werden durchgeführt, die Teilnahme ist entgeltfrei. Wenn Präsenzveranstaltungen nicht möglich sein sollten, dann Online. Deshalb bitte immer bei der Volkshochschule anmelden: www.vhs-duisburg.de oder per Mail: j.sosic HYPERLINK "mailto:nils.verhoeven@stadt-duisburg.de"(at)stadt-duisburg.de. Für Rückfragen: 0203 / 283 3725.
Staatsbürgerkultur, Europaorientierung und Völkerverständigung
Zum Handlungskonzept von „Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V.“
in Duisburg 2001 – 2022
Wolfgang Braun
Montag, 5. September 2022, 20.00 Uhr
in der VHS Duisburg 2022, Steinsche Gasse, 47051 Duisburg
Seit etwa 20 Jahren ist die örtliche Gruppe von „Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V.“ in Duisburg tätig und hat in diesem Zeitraum eine ganze Palette unterschiedlicher Aktivitäten umgesetzt. Zuletzt die beiden, seit 2018 gemeinsam u.a. mit der VHS Duisburg durchgeführten historisch-politischen Vortragsreihen – „Die Deutschen, ihre Geschichte und was sie dafür halten“ sowie „Umwälzungen im europäischen Kulturraum seit 1776“. Dabei zeigt sich im Rückblick ein bunter Reigen, dessen zugrundeliegendes Konzept vielfach nicht unmittelbar erschließbar ist.
Dieses Konzept, das sich nicht auf die Formel „Erinnerungskultur“ reduzieren lässt, kann jedoch mit den altbacken anmutenden Einordnungen Staatsbürgerkultur, Europaorientierung und Völkerverständigung zutreffend zusammengefasst werden. Darzustellen und erstmals öffentlich auszuführen, wie in allen auf den ersten Blick disparaten Elementen immer diese gleichen Orientierungen Eingang und Ausdruck finden, ist Gegenstand des Vortrages. Abgeschlossen wird mit einem Ausblick zu den zukünftigen Entwicklungen und Anforderungen.
Vom Rinascimento zum Risorgimento
Italiens Weg in die Moderne
Prof. Dr. Volker Reinhardt
(Université Fribourg)
Donnerstag, 29. September 2022, 20:00 Uhr, online
Für die Nationalgeschichtsschreibung Italiens im 19. Jahrhundert brach mit der spanischen Herrschaft in Mailand und Süditalien im 16. Jahrhundert ein Zeitalter der Unterdrückung und Entfremdung an: Durch steuerliche Ausplünderung und von außen erzwungene Implantierung fremder Werte habe Italien seine Identität verloren, die es jetzt in einem vereinten Nationalstaat glanzvoll zurückgewinnen gelte. Die neuere Forschung sieht die Geschichte Italiens zwischen Renaissance und Napoleon sehr viel differenzierter. Die Herrschaft spanischer Vizekönige und Gouverneure hat das Elitengefüge darunter und die Dominanz lokaler Oligarchien nicht gestört, sondern gefestigt und domestiziert. Und die Wirtschaftskrisen, die sich ab etwa 1600 teilweise dramatisch bemerkbar machen, sind durch mangelnde Flexibilität für neue Märkte hausgemacht. Trotzdem bleibt Italien bis 1800 kulturell eine prägende Größe Europas. Die «Rückständigkeit» des Landes ist in diesem Licht überwiegend eine Erfindung romantischer Poeten und politischer Kreise, die sich durch einen nationalen Zusammenschluss Einfluss und Profit versprechen.
Volker Reinhardt, Dr. phil habil., ist seit 1992 Ordentlicher Professor für Allgemeine und Schweizer Geschichte an der Universität Fribourg/Schweiz. Hauptthema seiner me hr als 30 Monographien ist die italienische und französische Kulturgeschichte; Golo-Mann-Preis 2013; Preis der Kythera-Kulturstiftung 2020
„Imperator“ Mussolini und „Imitator“ Hitler
100 Jahre „Marsch auf Rom“ und 90 Jahre „Machtergreifung“ in Berlin
Prof. Dr. Wolfgang Schieder
Montag, 24. Oktober 2022, 20:00 Uhr, online
Fast auf den Tag vor 100 Jahren, am 30. Oktober 1922, berief der italienische König Viktor Emanuel III. Benito Mussolini, den „Duce“ der italienischen Faschisten zum Ministerpräsidenten, auf den Tag zehn Jahre und drei Monate später, am 30. Januar 1933 Reichspräsident Paul von Hindenburg den „Führer“ der deutschen Nationalsozialisten, Adolf Hitler, zum Reichkanzler. „Imperator“ nannten später Benito Mussolini seine Gefolgsleute in Italien, „Imitator“ war ihre spöttische Titulierung Hitlers.
Der Referent des Abends, Prof. Wolfgang Schieder, veröffentlichte zu dieser Dublette eine eigene Studie: Hitler der politische Zauberlehrling Mussolinis. In der Verlagsankündigung wird zusammengefasst: „Hitlers Weg an die Macht ist oft beschrieben worden. Kaum beachtet wurde jedoch bisher, dass er sich dabei in starkem Maße an Mussolini orientierte. Der faschistische Diktator war sein großes Vorbild. Auf ihn ließ er auch nichts kommen, als er selbst die Macht erlangt hatte und der "Duce" von ihm abhängig geworden war. Die beiden Diktatoren verband eine politische Freundschaft, die bis zu ihrem Tode anhielt.“
Eine Einordnung dieser Ereignisse wird Gegenstand des Vortrags sein.
Prof. Dr. Wolfgang Schieder, geb. 1935 in Königsberg / Pr., 2000 Emeritus an der Universität zu Köln.
Schwerpunkte: der wissenschaftlichen Tätigkeit: italienische Zeitgeschichte, vergleichende Faschismusforschung sowie deutsche und europäische Sozialgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts – ihm wird ein herausgehobener Beitrag zur Etablierung des Faches „Sozialgeschichte“ in Forschung und Lehre bescheinigt.
"... noch ist Polen nicht gestorben!"
Von den drei Teilungen Polens bis 1795 zur Wiedererrichtung des Staates 1918
Dr. Andrzej Michalczyk
(Ruhruniversität Bochum)
Montag, 14. November 2022, 20:00 Uhr
in der VHS Duisburg, Steinsche Gasse, 47051 Duisburg
Wann und wie entstand die polnische Nation? Nach den Teilungen Polen-Litauens (1772-1795) verschwand zwar der polnische Staat, aber konnte sich eine polnische Nation trotzdem behaupten? Und wer gehörte dazu um 1800 und wer um 1900? Wie entstand eine moderne polnische Massengesellschaft vor dem Ersten Weltkrieg? Das lange 19. Jahrhundert ist ähnlich wie in ganz Ost- und Mitteleuropa ein Jahrhundert des extrem beschleunigten gesellschaftlichen Wandels, der durch Prozesse der Industrialisierung, Urbanisierung, Nationalisierung und Demokratisierung geprägt wurde. Vor dem Hintergrund dieser Prozesse wird die Geschichte der polnischen Gesellschaft im Vortrag diskutiert und ein Einblick in die Wirkungsmacht dieser Umwälzungen auch auf die Gegenwart Polens gegeben.
Andrzej Michalczyk, geb. 1976 in Warschau, dort auch Schule und Geschichtsstudium, ist seit 2007 akademischer Rat für Neuere, Neueste und Ostmitteleuropäische Geschichte an der Ruhr-Universität Bochum. Der studierte Historiker wurde mit seiner Dissertation, mit der er 2006 an der Universität Erfurt promovierte, mit dem Förderpreis des polnischen Generalkonsuls in Köln ausgezeichnet. Als Mitherausgeber des Handbuchs oberschlesischer Erinnerungsorte bekam er den Arthur-Kronthal-Preis (2016). Im Rahmen seiner Arbeit beschäftigt er sich unter anderem mit der Erforschung der Geschichte Ostmitteleuropas im 19. und 20. Jahrhundert, Erinnerungskulturen sowie der Migration und Mobilität zwischen Ostmitteleuropa und Nord- und Südamerika.
Polen: eine Nation sucht ihren Weg
Von Józef Piłsudski über Władysław Gomułka zu Lech Wałęsa
Bernhard Hartmann
(Duisburg)
Montag, 21. November 2022, 20:00 Uhr
in der VHS Duisburg, Steinsche Gasse, 47051 Duisburg
Nach der Wiedererlangung der Eigenstaatlichkeit 1918 musste Polen seinen Platz und seine Rolle in Europa neu bestimmen – zwischen Ost und West, zwischen der Erinnerung an die multiethnische Adelsrepublik und modernem Nationalstaatsdenken. Der deutsche Überfall 1939 und die Eingliederung Polens in den Ostblock nach 1945 bedeuteten eine weitere tiefgreifende Zäsur in diesem Prozess. Auch die seit dem Umbruch von 1989 unternommenen Versuche, Polen zu denken und in Europa zu verorten, werden maßgeblich durch die historische Erfahrung und deren Deutungen geprägt. Der Vortrag behandelt zentrale Wegmarken und Konzepte polnischer Identitätsdebatten des 20. Jahrhunderts, die bis in unsere Gegenwart nachwirken.
Bernhard Hartmann, Übersetzer literarischer und geisteswissenschaftlicher Texte aus dem Polnischen, Studium der Slavistik/Polonistik und Germanistik an den Universitäten Mainz, Wrocław/PL, Roskilde/DK, Köln und Potsdam, anschließend Tätigkeit als Wissenschaftlicher Mitarbeiter (Slavistik/Polonistik) an den Universitäten Erfurt (2002-2003), Wien (2006-2009) und Bochum (2010-2011); 2013 Karl-Dedecius-Preis für deutsche Übersetzer polnischer Literatur